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Geschichte politische Entwicklung von Hüttwilen
Auch das Kloster Kalchrain hat seine Wurzeln im Hochmittelalter; es wurde 1230 als Zisterzienserinnenkloster “Maria Zell zu Kalchrain” durch die Herren von Hohenklingen gegründet.
Das heisst aber nicht, dass Hüttwilen nicht schon vor 1255 existiert hätte. Die ältesten Funde aus unserer Gegend stammen aus der Mittelsteinzeit, ca. 9000 - 6600 v.Chr.. Die grösste urgeschichtliche Siedlung des Seebachtales, die im 9.Jh. v.Chr. errichtet wurde und über 100 Bauten umfasste, lag auf der Halbinsel Horn am Nussbaumersee.
Als die Römer im Jahre 15 v.Chr. bis zum Bodensee und Rhein vorstiessen, gelangte auch das Seebachtal unter deren Herrschaft. Aus jener Zeit stammt der Gutshof Stutheien, der im Zusammenhang mit dem Einfall der Alemannen im Jahre 259/60 bereits wieder aufgegeben wurde.
Ein erster Priester wird im Jahre 1256 erwähnt. Bei Ausgrabungen im Zusammenhang mit dem Abbruch der alten Kirche wurde 1964 festgestellt, dass bereits vor dem Jahr 1000 eine kleine Saalkirche existierte.
Ein Teil der Hüttwiler Höfe gehörte ab dem Jahr 1255 dem Kloster St.Katharinental. Auch der Bischof von Augsburg, die Klöster von St.Gallen und Reichenau und andere waren Grundherren. Die Bauern hatten “auf ewige Zeiten” den Grundzins und den Zehnten zu bezahlen, was einer Belastung von etwa 15-25% ihres Bruttoertrages entsprach. Da diese Abgaben für die meisten Bauern besonders in mageren Jahren eine recht grosse Belastung waren, geriet der eine oder andere in Versuchung etwas zu mogeln. Doch die Mönche der Kartause Ittingen kannten die Tricks der Bauern und reagierten entsprechend. Damit nicht jede 10. Garbe etwas kleiner gemacht werden konnte, mussten die Garben fortlaufend auf dem Acker gebündelt werden, gezählt wurde dann rückwärts von der letzten Garbe weg. Der rote Wein galt mehr als der weisse. So war die Versuchung gross, die beiden Weinsorten zu panschen. Damit die Farbe stimmte, wurde Holundersaft beigemischt. Deshalb verlangte der Prior im 18. Jahrhundert, dass im ganzen Gebiet der Kartause sämtliche Holunderstauden gefällt werden mussten.
Die Höfe waren Erblehen des entsprechenden Klosters. Die Inhaber von solchen Erblehen konnten zunehmend unbeschränkt über diese verfügen, und ab dem 16.Jahrhundert konnten Lehen wie Eigentum vererbt oder verkauft werden. Die Grundherren waren nur an den Zinsen und Zehnten interessiert und waren für das niedere Gericht zuständig. Das hohe Gericht, das bei Verbrechen tagte, die mit dem Tode bestraft werden konnten, lag zuerst in den Händen der Kyburger, nach deren Aussterben übernahmen es die Habsburger. Das Hüttwiler Wappen erinnert mit seinen Farben rot und weiss an die Österreicher. Als der Thurgau 1460 von den Eidgenossen erobert wurde, war der Landvogt in Frauenfeld für das hohe Gericht zuständig. Das niedere Gericht und der Kirchensatz - so hiess das Recht, in einer Gemeinde den Priester einzusetzen - lag ab dem Jahr 1466 in den Händen des Klosters Ittingen, das ein paar Jahre vorher von Mönchen des Kartäuserordens übernommen worden war. So blieb es dann bis zum Ende der Alten Eidgenossenschaft im Jahre 1798. Kirchlich gehörte Hüttwilen zum Bistum Konstanz.
Mit der Reformation trat 1529 der grösste Teil des Dorfes zum neuen Glauben über. Im Zuge der Gegenreformation gelang dem Prior der Kartause 1551 die Wiedereinführung des katholischen Gottesdienstes. Die Kirche in Hüttwilen blieb dann bis vor rund 40 Jahren paritätisch. Bemerkenswert war dabei, dass auch der evangelische Geistliche von der Kartause eingesetzt und besoldet wurde. Der katholische Prior war in der Regel wenig daran interessiert, die evangelische Pfarrstelle mit einem besonders guten Prädikanten zu besetzen. Zahlenmässig blieb das Verhältnis von Protestanten zu Katholiken immer etwa gleich, zwei Drittel zu einem Drittel. Dies erstaunt, denn in den umliegenden Orten gab es über Jahrhunderte nur eine Konfession, so in Nussbaumen oder Uerschhausen nur Protestanten oder in Herdern nur Katholiken.
Der Einmarsch der Franzosen im Frühling 1798 bewirkte ein abruptes Ende der Alten Eidgenossenschaft. Eiligst verliess der letzte eidgenössische Landvogt das Schloss Frauenfeld und in Weinfelden wurde um den Freiheitsbaum getanzt. Das war auch das Ende der Zehnten und der Gerichtsbarkeit durch die Klöster. Das Steuer- und Gerichtswesen gingen an den Staat über. Die Helvetische Republik von 1798 bis 1803 war ein zentralistischer Einheitsstaat, der bereits nach 5 Jahren wieder abgeschafft wurde. Mit der Mediationsverfassung von 1803 wurde der Grundstein für die heutigen Kantone gelegt.
Im Kanton Thurgau gab es als Besonderheit das Nebeneinander von Orts- und Munizipalgemeinden, was bei uns in Hüttwilen fast 200 Jahre lang Bestand hatte und 1997 durch die heutige Politische Gemeinde abgelöst wurde. Den Munizipalgemeinden überband das Gesetz Aufgaben wie den Steuerbezug, Polizei- und Gesundheitswesen, die Ortsgemeinden waren zuständig für das Flurwesen, Wege, Brücken und Bäche, Wasserversorgung, Feuerwehr und Bildungswesen.
Nur mit der Arbeit der Einteilungskommission waren die Hüttwiler nicht einverstanden, denn unser Ort wurde der Munizipalgemeinde Eschenz zugeteilt. Am 13.5.1803 schrieben die Hüttwiler in einer Petition an den Kleinen Rat (heute Regierungsrat): “Wir waren bey ca. 900 Jahren mit diesen ernannten vier Gemeinden (gemeint sind Weiningen, Warth, Buch und Uesslingen) unter einer gleichen niedergerichtlichen Behörde gestanden, lebten in friedlichem Einverständnis miteinander, waren in Sitten und Gebräuchen zusammen gewöhnt, und die oeconomischen Verhältnisse verbinden uns zusammen”. Trotz dieser Petition blieb Hüttwilen fast 50 Jahre lang ein Teil der Munizipalgemeinde Eschenz; es war aber eine ziemlich lose Verbindung. Diese wurde 1851 aufgelöst und Hüttwilen, Nussbaumen und Uerschhausen bildeten fortan die Munizipalgemeinde Hüttwilen.
Erst mit der Bildung dieser Gemeinden fanden Volkszählungen statt. Dabei fällt auf, dass die Bevölkerung Hüttwilens über rund 150 Jahre praktisch gleich blieb. So zählte man 1830
599 Einwohner, im Jahr 1900 deren 568 und 1970 deren 586. In der gleichen Zeit nahm die Bevölkerung des Kantons Thurgau jedoch von rund 81000 auf 182500 zu. Einen Bevölkerungszuwachs gab es lediglich in den Städten oder in Orten, wo sich Industrien ansiedelten, wie z.B. in Wängi, das im gleichen Zeitraum von 550 auf 1700 Einwohner anwuchs.
1848 wurden im ganzen Kanton Thurgau die Klöster aufgehoben, nachdem schon 1836 die Aufnahme von Novizinnen (Anwärterinnen) verboten wurde. Dies bedeutete auch das Ende des Klosterlebens in Kalchrain. Die letzte Äbtissin, Benedikta Keller von Eschenz, zog mit 19 Klosterfrauen zuerst ins ehemalige Kloster Paradies und dann nach Gwiggen bei Bregenz.
Die alt ehrwürdigen Gebäude wurden in den Jahren 1705 - 1724 errichtet. Für die Planung wurde damals kein Geringerer als Kaspar Moosbrugger beigezogen, der grösste in der Schweiz lebende Barockarchitekt. Die Mühle war bereits 1636 gebaut worden, was damals zum Streit mit dem Hüttwiler Müller Hans Jacob Schlatter führte. 1849 wurde das Kloster in eine Zwangsarbeitsanstalt umgewandelt, zuerst “Korrektionsanstalt” genannt, seit 1942 “Arbeitserziehungsanstalt”.